Diesen Text habe ich Anfang Oktober 2023 geschrieben. Er begleitet die Veröffentlichung einer Jubiläums-EP, die ab dem 15.12.2023 erhältlich ist.
Um es gleich vorweg zu sagen, meine Lieblingsversion von „Blueprint“ auf dieser EP ist die Live-Version von 1989. Wenn ich heute von derartigen Dämonen getrieben würde, gäbe es ein TIK TOK-Video, wie ich dazu tanze. Wild! Stattdessen verlasse ich mich darauf, dass ihr selber hört, welche unfassbare Lebensenergie auf dieser Bühne gebündelt gewirkt hat.
Die Live-Version von 1998 ist vielleicht nur im Zusammenhang mit dem kompletten Set unserer beiden Tourabschnitte in den Jahren 1998 und 1999 richtig wertzuschätzen. Ich nenne sie heute „die dekonstruierte Version“, und auch hierbei habe ich keine Hemmungen zu erklären, es ist die Fassung meiner absoluten Lieblingsversion der Band RAINBIRDS.
Das „Blueprint“ von 2014 höre ich wie einen Remix meines Songs, dem ich meine Stimme geliehen habe. Die Aufnahme hat den Drive und die Abenteuerlust des Originals, ist aber in einem sehr strengen Arrangement gefangen, welches eher die Ideen der Produzenten widerspiegelt, als den Song neu zu reflektieren.
Über das Original will ich weiter nichts sagen, außer dass es für immer ist. Geschrieben habe ich den Song irgendwann in der Zeit nach dem gewonnen Senatsrockwettbewerb im November 1986 und Juni 1987. Ich war inzwischen mit meiner Matratze aus einer Kreuzberger WG aus- und, offenbar ohne Blumenvase, wie es in einem STERN-Portrait im Februar 1988 stand, in eine winzige Einzimmerwohnung am Viktoriapark eingezogen. Einige meiner besten Songs, darunter „Seven Compartments“ und „We Make Love Falling“ sind mir auf dieser Matratze eingefallen. Und wenn ich auch nach über 35 Jahren wirklich eine Menge behaupten kann, erinnere ich mich immer noch an ein besonders erhebendes Gefühl, als ich mit diesem Song im Köcher zur Probe ging, um ihn Beckmann und Wolfgang Glum vorzuspielen.
Viel Entscheidendes passierte in dieser Zeit kurz nacheinander: Im Mai 1987 gingen wir im Quintett auf „Berlin Rock News“-Tournee durch NRW. Im Juni schrumpften wir zu dem Trio, welches das kongeniale Produzenten/Gitarristen-Duo Udo Arndt und Peter Weihe unter seine Fittiche nahm. Beckmann, Wolfgang und ich machten gemeinsam einen kleinen Urlaub in Österreich, bevor wir mit den Aufnahmen des Debut-Albums begannen. Es war nicht das erste Mal, dass jede/r von uns in einem professionellen Tonstudio gearbeitet hatte, aber wie mit den Songs und mit uns dreien im Einzelnen gearbeitet wurde, war deutlich intensiver und zugewandter als alles, was wir kannten. Rodrigo Gonzáles wurde während der Mix-Phase des Albums unser viertes Bandmitglied. Louis Spillmann, für den in der Regie immer die ganz großen Boxen angemacht wurden, nahm uns für Mercury unter Vertrag.
Wir probten und flogen auf Einladung des Goethe Instituts nach Montréal in Kanada, wo wir in fünf zähen Wochen maximal fünf oder vielleicht auch sechs Konzerte spielten. Es war die erste wirklich stressige Zeit für die Band. Wir hatten zu wenig zu tun und keine Mittel, uns irgendwie anders zu beschäftigen, also fingen wir an zu streiten. Worum genau es ging, weiß ich nicht mehr, aber die Dynamiken untereinander hatten sich verändert.
Noch während wir in Kanada waren, erfuhren wir von den begeisterten Reaktionen der deutschen Musikjournaille auf unser Album. Unser damaliger Manager, Thomas Fehlmann, kam nach Quebec, um ein Video für die ersten TV-Anfragen mit uns zu drehen.
Als wir nach Hause zurückkehrten, waren wir Popstars.
Dass uns jenseits der Bühne die persönliche Verbindung zueinander gefehlt hat, dass wir es schlicht versäumt hatten, unseren großen Erfolg gemeinsam zu feiern, ist die Antwort auf die Frage, die mir viele Jahre lang immer wieder gestellt wurde. Heute freue ich mich umso mehr, dass wir das anlässlich des 35. Jubiläums des Charteinstiegs von „Blueprint“ nachholen und gemeinsam feiern, etwas ganz Besonderes geschaffen zu haben.
Über diesen Link können Bestellungen aufgegeben werden:
https://umgt.de/rainbirds-blueprint-vinyl