Manchmal dauert es eine Weile, bis mir ein eigener Text so gut gefällt, dass ich ihn veröffentlichen möchte.
Dafür muss ich nicht einmal neu daran arbeiten.
Eher arbeite ich an mir
(im Juli 2021)
*
Eselsohren
Machen wir uns doch mal was vor
Zäumen wir den Esel verkehrt herum auf
Beginnen wir mit einer Enttäuschung
Als ich klein war
Ohne Körper über Weiten balancierte
Wie die Frau, die ich verehrte
Dachte ich
Wir wären Verbündete
Ohne pathetische Schwüre
Und blutige Rituale
Unter Denkmälern auf Inseln saßen wir
Zwischen den Zeiten
Mitten im Verkehr
In unseren selbstgenähten Kostümen
Übten wir uns in der Sprache der Tiere
Für die wir uns hielten
Standen Entscheidungen an
Streiften wir die Eselsohren ab
Und ritten
Dem Sonnenuntergang davon
Schnitt
Verschwindet jemand
Vor Entscheidungen
Und bliebe doch
Ohne da zu sein
Wird das Fell stumpf
Und die guten Sitten gammeln vor sich hin
Bis ich verstanden hatte, dass du
Nicht nichts und niemand brauchtest
Sondern schlicht nicht mich
Waren wir verbunden
Wie die Wunde
Von der du mir mit deiner Lieblingstierstimme erzählt hattest
Während ich mich für dich
In eine Kuppel verwandelte
Dich zu beschützen
Darunter ein Feuer entfachte
Das ich mit weicher Stimme unterhielt
Dass mit mir die Wunde schließen
Und die Narbe schwinden würde
Daran glaubtest du nicht
Schnitt
Machen wir uns also was vor
Zäumen wir den Esel verkehrt herum auf
Beginnen wir mit einer Enttäuschung
Und reiten dem Sonnenuntergang davon
In trübe Zeiten
© Katharina Franck; 12/2019, alle Rechte vorbehalten/all rights reserved
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